
Politik übernimmt das Ruder - L-drive Schweiz fordert rasches Handeln
Die einjährige Lernphase sorgt für Frust bei Jugendlichen, Fahrlehrpersonen und in der Politik. Im Parlament wächst jetzt der Druck auf den Bundesrat, nachdem Ständerat Charles Juillard mit parteiübergreifender Unterstützung ein Postulat eingereicht hat.
Seit 2021 dürfen Jugendliche in der Schweiz ab 17 Jahren Auto fahren – unter der Bedingung einer einjährigen Lernphase bis zum vollendeten 20. Altersjahr. Diese Regelung war Teil der sogenannten «Opera-3»-Revision, mit der unter anderem auch der Automateneintrag abgeschafft und Anpassungen bei den Motorradkategorien vorgenommen wurden. Ziel war es, durch mehr Fahrpraxis die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
Doch die Realität sieht anders aus: Die verpflichtende Lernphase führt zu wachsendem Frust – bei Jugendlichen, bei Fahrlehrpersonen und zunehmend auch in der Politik. Jugendliche schieben die Ausbildung auf, viele beginnen gar nicht erst oder verlieren die Motivation. Fahrlehrpersonen berichten von einer spürbaren Verschlechterung der Ausbildungssituation. Und auch die Verkehrssicherheitsstatistik zeigt bedenkliche Tendenzen: Während in der EU die Zahl der Verkehrstoten zwischen 2019 und 2023 um 10 % gesunken ist, ist sie in der Schweiz im selben Zeitraum um 26 % gestiegen.
L-drive Schweiz schlägt Alarm
Der Fahrlehrerverband L-drive Schweiz hat bereits frühzeitig auf die negativen Entwicklungen hingewiesen und sich in einem direkten Gespräch an Bundesrat Albert Rösti gewandt. Dabei hat der Verband konkrete Forderungen eingebracht:
- Aufhebung der einjährigen Lernphase ab dem 18. Altersjahr
- Prüfung eines zweiten WAB-Tags
- Anpassungen in der Motorradgrundausbildung
Das Anliegen ist klar: Statt die längst angekündigte Evaluation abzuwarten – die erst Ende 2025 vorliegen soll – braucht es jetzt rasche, evidenzbasierte und praktikable Lösungen. Denn das Ausbildungsniveau leidet, die Sicherheit im Strassenverkehr sinkt – und die Fahrlehrpersonen stehen unter Druck.
Auch im Parlament wächst der Widerstand
Bereits Ende 2023 haben die Nationalräte Mike Egger (SVP) und Andri Silberschmidt (FDP) gleichlautende Motionen eingereicht, mit denen die Abschaffung der obligatorischen Lernphase nach dem 18. Geburtstag gefordert wird. Doch der Bundesrat reagierte bislang zurückhaltend und verwies auch in diesen Fällen auf seine frühere ablehnende Haltung – sowie auf die noch ausstehende Evaluation.
Nun entsteht auf Initioative von L-drive Schweiz und der Parlamentarischen gruppe Fahrausbildung zusätzlicher Druck: Ständerat Charles Juillard (Die Mitte) hat in der Juniusession ein Postulat eingereicht, das die offizielle Evaluation in die richtigen bahnen weist. Seine Forderung: Der Bundesrat soll transparent darlegen, ob das Fahren mit 17 überhaupt den gewünschten Effekt erzielt – oder ob die Regelung ganz gestrichen werden kann.
Entscheid möglicherweise bereits im Herbst
Das Postulat von Juillard hat das Potenzial, Bewegung in die festgefahrene Debatte zu bringen. Anders als die Motionen im Nationalrat dürfte es bereits in der Herbstsession 2025 im Ständerat behandelt werden. Eine Annahme würde den Ball weiterleiten an den Nationalrat – möglicherweise schon im Dezember. Sollte es soweit kommen, müsste das Bundesamt für Strassen (ASTRA) konkrete Massnahmen vorschlagen. Und vor allem: Das Parlament hätte das letzte Wort.
Die Chancen für eine Kurskorrektur stehen nicht schlecht, wie die Mobilitätsplattform mobility-360 berichtet. Juillards Postulat wird nicht nur von Vertreter:innen der Mitte, sondern auch von Politiker:innen der SVP, FDP und SP unterstützt. Damit ist ein überparteilicher Schulterschluss möglich.
Folgende Ständeratsmitglieder sind Mitunterzeichnende: Pascal Broulis (FDP, VD), Marco Chiesa (SVP, TI) Erich Ettlin (Die Mitte, OW), Baptiste Hurni (SP, NE), Pierre-Yves Maillard (SP, VD) Mauro Poggio (Mouvement Citoyens Genevois, GE), Fabio Regazzi (Die Mitte, TI), Jakob Stark (SVP, TG) sowie Benedikt Würth (Die Mitte, SG).
L-drive Schweiz bleibt dran
L-drive Schweiz wird sich weiterhin aktiv in den politischen Prozess einbringen – gemeinsam mit der Fahrlehrerschaft und im Dialog mit Politik und Behörden. Unser Ziel ist eine Fahrausbildung, die motiviert, wirkt und zur echten Verkehrssicherheit beiträgt – statt sie zu gefährden.