L-drive Schweiz - Delegiertenversammlung

Verband geht Probleme aktiv an

An der Delegiertenversammlung von L-drive Schweiz standen nicht die traktandierten Geschäfte im Vordergrund: In den Fokus rücken die aktuellen Probleme der Branche.

Den Problemen der professionellen Fahrausbildung begegnen

Weitgehend diskussionslos haben die Delegierten von L-drive Schweiz an ihrer Versammlung vom 23. Mai in Bern die ordentlichen Geschäfte verabschiedet: Weder die Jahresrechnungen des Verbandes, der Qualitätssicherungskommission und des Berufsbildungsfonds, noch die Jahresberichte waren bestritten. Und auch die Anerkennung des Kompetenzzentrums Fahrausbildung der Armee als neue Sektion wurde einstimmig genehmigt.

Stattdessen rückte die schwierige Lage vieler Fahrlehrer:innen, die mit massiven Auslastungsproblemen zu kämpfen haben, in den Vordergrund. Der Ostschweizerische Fahrlehrerverband OFV hatte im Vorfeld ein Grundsatzpapier verfasst und Massnahmen vorgeschlagen, mit welchen man den Problemen der professionellen Fahrausbildung begegnen könnte. Ausgehend von diesem Papier wird L-drive Schweiz in den kommenden Wochen nun schweizweit im Rahmen von Regionalversammlungen an alle Fahrlehrer:innen herantreten. Ziel ist es, einen breit abgestützten Massnahmenplan präsentieren zu können, um dem Rückgang der professionellen Fahrausbildung entgegenwirken zu können.

Das Vorgehen wird von den Regionalverbänden/Sektionen mitgetragen. Sie werden bei der Organisation und Durchführung der regionalen Veranstaltungen eine zentrale Rolle spielen.

L-Meinung

Roger Wintsch, Präsident Aargauer Fahrlehrer Verband AFV

«Die Lage der Fahrlehrerschaft ist aktuell düster. Neben dem Umstand, dass Jugendliche heute mit 17 fahren können, den Lernfahrausweis im Gegenzug ein Jahr haben müssen, besteht das Hauptproblem darin, dass die Anzahl der Fahrschüler:innen in etwa gleich geblieben ist, während die Anzahl Fahrlehrer:innen in den letzten Jahren angestiegen ist. Die Rechnung erscheint einfach: 107'130 Neulenker:innen geteilt durch circa 3'950 Fahrlehrer:innen ergibt knapp 27 Schüler pro Fahrlehrer im Jahr. Rein rechnerisch reicht dies für 10-15 Wochen Arbeit. Dass damit die wenigsten glücklich sind, ist nachvollziehbar. Stand heute geben viele neue Fahrlehrer:innen viel Geld für die Ausbildung aus. Und anschliessend müssen sie feststellen, dass die Auftragslage nicht reicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Um nun das persönliche «Kuchenstück» zu vergrössern, schrauben viele Berufskollegen jetzt auch noch am Preis. Auch darunter leidet die Branche.

Es wäre zweifellos hilfreich, wenn die Massnahmen «Fahren ab 17» und der Wegfall des Automaten-Eintrags rückgängig gemacht würden.»

L-Meinung

Reto Wüthrich, Präsident L-drive Mittelland

«Grundsätzlich mache ich mir Sorgen um die Entwicklung im Fahrschulbereich. Die Gesetzesänderungen sollten sich ja positiv auf die Verkehrssicherheit auswirken. Im Moment sehe ich jedoch eine negative Entwicklung. Ich denke in den letzten Jahren gehen die Gesetzesänderungen in eine falsche Richtung. Vom Ausland werden Gesetze nur teilweise übernommen, was für die Verkehrssicherheit nicht förderlich ist. Mit der Änderung, der einjährigen Lernphase werden Fahrschüler:innen vermehrt von Laienbegleitenden ausgebildet und somit werden häufig falsche Automatismen geschult und Fehler nicht erkannt.

Eigentlich müssten bei diesem Systemwechsel (einjährige Lernphase) Pflichtstunden eingeführt werden, damit die Fahrschüler:innen in regelmässigen Abständen Fahrstunden nehmen und somit die Grundidee der einjährigen Lernphase umsetzen. Auch müsste die breite Bevölkerung informiert werden, was die Absicht der einjährigen Lernphase ist. Gerne unterstütze ich persönlich deshalb die geplanten Versammlungen und ich gehe davon aus, dass sich auch einige Mitglieder unserer Sektion daran beteiligen werden.»

L-Meinung

Simona Archinard, Präsidentin Genf

«Ich habe das Gefühl, dass die Fahrausbildung und der Abschluss bei der Prüfung sehr lax gehandhabt werden. Heute entscheiden sich viele Fahrschüler:innen erst spät für Fahrstunden mit Fahrlehrer:in, oft weil sie ein Jahr warten müssen, bevor sie sich zur Prüfung anmelden können. So denken sie, dass sie noch Zeit haben. Aber auch, weil sie die Arbeit der Fahrlehrer:in nicht wertschätzen.

Meiner Meinung nach ist dieses Wartejahr in keiner Weise gerechtfertigt. Das Problem ist nicht, dass man mit 17 Jahren anfangen kann, sondern dass der Kandidat bis zum 18. Lebensjahr (und nicht darüber hinaus!) warten muss, um die Prüfung abzulegen.

Was den Ruf des Fahrlehrers betrifft, sollte eine psychologische Beurteilung des Kandidaten, der Fahrlehrer werden möchte, eingeführt werden. Die Weiterbildungskurse sollten sodann aus fünf verschiedenen Tagen bestehen: Gesetzgebung / Methodik / Theorie / Praxis / Pädagogik / Ökologie etc. Damit könnte die Arbeit des Betreuers regelmässig neu ausgerichtet werden.

In diesem Sinne unterstützen wir natürlich gerne die Absicht von L-drive Schweiz, regionale Veranstaltungen zu organisieren, um Lösungen zu finden.»